Die türkisch-georgische Grenze von Sarpi war uns eine neue; wir erreichten sie am 2. März. Gerade an solch stark frequentierten Grenzen ist es für uns entscheidend, mit dem Pluto an der oft enorm langen LKW-Schlange vorbeizufahren.
Ich wurde erstmals gebeten, auszusteigen und separat vom Fahrzeug durch die Passkontrolle zu gehen (was an den folgenden Grenzen üblich ist). Als der Grenzer die Kinder sah, lächelte er und ließ uns alle gemeinsam passieren.
Bisher verliefen all unsere Grenzübertritte unkompliziert und zügig. Vor den Grenzen haben wir besonders darauf geachtet, Josefines Bilder in den Fenstern sichtbarer und das Licht bei den Kindern heller zu machen. Ob es geholfen hat, weiß ich nicht. Geschadet hat es sicher nicht.
Schwieriger Start in Georgien
In Georgien angekommen wollten wir ab Batumi die längere, aber wohl wunderschöne Südroute durch die Berge nach Tiflis nehmen. Aber das Wetter war ähnlich nass, kalt und windig angekündigt wie in der Türkei und für den Moment brauchten wir eine Pause von Schnee und Wind. Außerdem wollten wir uns in Tiflis mit einer zweiten Schneekette ausstatten, bevor wir die Pässe von Georgien und Armenien in Angriff nahmen.
Also wählten wir den schnellsten Weg nach Tiflis. Die Transit-Nacht verbrachten wir – nachdem die ersten Stellplatz-Suchen im Matsch oder Müll geendet hatten – bei strömendem Regen und Wind an einem Feldweg kurz vor Osurgeti. Bei der Weiterfahrt am nächsten Morgen bekamen wir bei einer Polizeikontrolle eine (moderate) Strafe aufgebrummt, da wir an der Grenze versäumt hatten, eine (mittlerweile verpflichtende) Autoversicherung für Georgien abzuschließen.
Als gute Nachricht zeigte sich auf dem Weg nach Tiflis, dass der Werkstatt-Aufenthalt in Samsun erfolgreich war und die Kühlung des Pluto zuverlässig einsetzte.<
Wunderbare Tage in Tbilisi
Tiflis begrüßte uns mit Sonne, die wir richtiggehend einsogen. Nach den vielen Fahrtagen seit dem Strand an der Schwarzmeerküste der Türkei freuten wir uns riesig auf einige Tage Müßiggang und eine warme Dusche.
Wir hatten uns kurzfristig eine schöne und zentrale Airbnb-Wohnung oberhalb der Altstadt mit Terrasse und wunderschönem Blick über Tiflis gemietet. Die Anfahrt zur Wohnung durch die engen und steilen Gassen der Altstadt war ähnlich herausfordernd wie in Istanbul. Aber Martin und Pluto meisterten die Kurven oft um Haaresbreite unter den Augen vieler neugieriger Zuschauer. Wir fanden sogar einen Parkplatz ganz in der Nähe der Wohnung, von wo aus wir unser ganzes Geraffel nur noch 144 Stufen nach oben tragen mussten.





Gleich am ersten Abend wohnten wir im Café neben unserer Wohnung zufällig einem Familienabend zum georgischen Muttertag am 3. März bei. Wir waren die einzigen Gäste. Die Betreiber-Familie war um die Großmutter herum versammelt, alle aßen, tranken und packten im Anschluss eine Gitarre samt georgischen Liedern und Tänzen aus. Wir wurden mit der leckeren, bodenständigen Muttertagsküche mit-bekocht.
Wie bei meiner ersten Georgien-Reise 2017 begeisterte mich das Essen. Bei unseren Südosteuropa-Reisen waren uns schnell die Hackfleisch-Variationen überdrüssig. Die georgische Küche hingegen ist frisch und vielfältig: Koriander und andere Kräuter, Walnüsse in allen Formen, leckere Fleisch-Eintöpfe („Chakapuli“) gefüllte Teigtaschen („Chinkali“ – Josefines Favoriten) und das warme, mit Käse gefüllte Brot („Chatschapuri“). Balthasar als ziemlich eintöniger Esser verordnete sich in Tiflis eine Diät.
Wir verbrachten die Tage in Tiflis mit gutem Essen, Erledigungen, Wäsche waschen, durch die Stadt schlendern, im überfüllten Bus oder windigen Taxi fahren und der ein oder anderen Besichtigung. Martins besonderes Highlight war der Illiava-Markt, wo alle nur erdenklichen Ersatzteile und Zubehöre für Autos, darunter sicher auch viel Schrott, angeboten wurden. Wir erstanden zwei Schneeketten. Die Kinder liebten die Gondelfahrt, die „Mutter Georgien“, die tägliche „Sendung mit der Maus“ und den Besuch im Pool. Ich genoss die Stunden in der Sauna mit Blick auf Tiflis. Und wir alle genossen unsere Terrasse – Martin und ich saßen darauf jeden Abend lange warm eingepackt unter Sternen.








durch die Berge rund um Bolnisi
Nach den Tagen in Tiflis wollten wir auf dem Weg nach Armenien noch in Georgien in die Berge. Wir wählten die nicht allzu hohen Berge rund um Bolnisi, um den gerade hereingebrochenen Frühling nicht sofort wieder enden zu lassen. Und die Gegend wirkte wenig touristisch.
So kamen wir in Georgien langsam in einen angenehmen Reisemodus: abgelegene Gegenden, herausfordernde Straßen durch tolle Landschaften, relativ versteckte Stellplätze, nicht zu viele Kilometer und Ruhetage mit Wanderungen.
Am 7. März ging es in Tiflis los. Von Bolnisi aus fuhren wir nach Norden, erst durch karge, steppenartige Landschaften, wo wir den ersten Schakal über den Schotterweg huschen sahen. Wir durchquerten die Bergdörfer Tetrizqaro und Dumanisi und folgten einem recht engen Pfad durch dichte Buchenwälder. Wir nächtigten auf einer Waldlichtung, wärmten uns nach langem wieder am Lagerfeuer und die Kinder kletterten morgens noch über ein paar Baumstämme.





Am Mittag des nächsten Tages erreichten wir das malerische und herrlich gelegene Kloster Pitareti. Ein dort lebender Mönch zeigte uns die Kirche aus dem 13. Jahrhundert mit ähnlich alten Wandmalereien und erzählte vom Leben zu siebt im Bergkloster. Zum Abschied schenkte er uns vier Heiligenbilder, die uns seitdem begleiten. Es sah nicht so aus, als kämen viele Besucher an diesen wunderbaren Ort.
Solche Erlebnisse entschädigen für die Anstrengungen des Outdoor-Lebens. Auf spannenden Straßen einen Ort zu entdecken, den man nicht im Reiseführer findet, der oft nicht spektakulär ist, aber authentisch und einsam.
Vom Kloster Pitareti aus fuhren wir viele Höhenmeter hinab zum Fluss Chrami, um früh einen Stellplatz, möglichst für mehrere Nächte, zu finden. Wir kamen an einem toll aussehenden Platz am Fluss vorbei, wo eine Menge georgische Autos parkten. Als wir langsamer fuhren, winkten sie uns heran und nach kurzer Überlegung fuhren wir hin.
Die gut zehn Georgier hatten an der herrlichen Stelle am Fluss ein Picknick angerichtet, das uns beeindruckte: Auf mehreren Feuern köchelten und brieten Fische, Hähnchen und Fleischspieße. Wir trafen die georgische Männergruppe übrigens am Frauentag (8. März), der (neben Berlin) auch in Georgien und Armenien Feiertag ist – ihre Frauen waren wohl im Restaurant… Natürlich wurden wir eingeladen. Neben frisch gefangenem Fisch und Hühnchen vom eigenen Hof gab es eingelegten Kohl, Brot und selbst gekelterten Wein. Wie mir von meiner ersten Georgien-Reise bekannt war, wurde zu jedem Schluck ein Trinkspruch gesprochen, der selten so kurz war wie „Gaumarjos Georgia“. Die einzige Möglichkeit, nicht ständig nachgeschenkt zu bekommen, war es, nicht so schnell auszutrinken.



Es waren unterhaltsame Stunden. Schon früh sagten uns die Picknicker, dass sie noch am Abend nach Hause wollten und nichts dagegen sprach, dass wir an dem Stellplatz übernachteten.
Was wir da noch nicht wussten (uns aber hätten denken können): Der Abend zu viert war hart erkämpfte Einsamkeit. Einer der Georgier hatte sich von Beginn an am meisten um uns gekümmert und wurde immer als Übersetzer zu Rate gezogen , obwohl er nur wenige Worte englisch sprach. Mit steigendem Wein-Konsum wurden seine Einladungen, bei ihm Zuhause zu übernachten, drängender. Und erst seine Freunde schafften es, ihn zu überzeugen, dass es völlig okay sei, wenn wir in der Natur bleiben wollten, und bugsierten ihn nach einer gefühlten Ewigkeit in ihr Auto.
Wir vier (und später zwei) genossen eine herrliche Sternennacht, klar und ohne zu hellen Mond. Wir hatten Temperaturen um den Gefrierpunkt und wärmten uns am Lagerfeuer. Gegen Mitternacht hörten wir laute Schreie, vermutlich Brunftschreie eines Schakals, der sich, erst ganz in unserer Nähe, Richtung Berge entfernte.
Am nächsten Tag unternahmen wir bei wunderbarem Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen eine Kletterwanderung zu einer Ruine mit toller Sicht über das Tal. Martin packte abends zum ersten Mal in diesem Urlaub die Angel aus und wir kochten wieder über dem Feuer.






Gut erholt fuhren wir am 10. März weiter Richtung georgisch-armenischer Grenze bei Saatlo/ Gogavan. Der Schlagloch-Straße auf georgischer Seite nach zu urteilen, musste es ein wenig frequentierter Grenzübergang sein.
Georgien, das gerade mal so groß ist wie Bayern, dafür mit deutlich mehr Höhenunterschieden, hat mich wieder beeindruckt. Leider konnten wir uns bei dieser Reise nur eine Woche Georgien einrichten. Meine nächste Reise in das Land plane ich wieder später im Jahr, um auch die höheren Bergregionen mitnehmen zu können.
Ganz herzlichen Dank für die Zeit, die Du Dir genommen hast, Lena, um uns auf dem Laufenden zu halten.
Toll formuliert und wieder sehr interessant!
Beste + eiserne Grüße an Euch vier!
Achim
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Hallo lieber Achim,
es freut mich sehr, dass Ihr die Berichte gerne lest!
Wir sind mittlerweile in Usbekistan, gerade im Hotel in Samarkand. Die Internet-Verbindung und das Bloggen sind seit dem Iran schwieriger geworden. Und die Reise aufregender. Die weiteren Berichte kommen Stück für Stück.
Liebe Grüße nach Hessenwinkel!
Lena
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Vielen Dank für euren schönen Reisebericht mit den tollen Fotos.Wir wünschen euch 4 weiterhin alles Gute.Liebe Grüße von Hubert & Young-Hee.
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