Tadschikistan II: Wartezeit in Duschanbe und Nurek

Schon auf dem Weg in die tadschikische Hauptstadt Duschanbe hatte die Werkstatt Martin mitgeteilt, dass die Bestellung des Ersatz-Partikelfilters für den Pluto aus Polen (!) zehn Tage dauern würde. Da wir den neuen Partikelfilter unbedingt vor dem Pamir Highway einbauen lassen wollten, stellten wir uns auf einige Wartetage in Duschanbe und Umgebung ein.

Eine gute Woche Duschanbe

So landeten wir am 16. April in einer schönen, zentral gelegenen Airbnb-Wohnung in Duschanbe mit großer Dachterrasse, von der aus wir einen Blick auf die Stadt und die tadschikischen Berge hatten.

Uns gefiel Duschanbe sehr. Es ist eine lebhafte, untouristische und überschaubare Stadt, komplett von Bergen umgeben und mit vielen Annehmlichkeiten, die wir nach Wochen des einfacheren zentralasiatischen Standards genossen: Kaffee-Läden, ein französischer Supermarkt mit Cremant, gute bodenständige Restaurants. Die mehrspurige Rudaki-Allee ist das Herz der Stadt: Flaniermeile und Einkaufsstraße, belebt und verstopft. Sie führt vorbei an kruschteligen Basaren, am schönen Opernplatz und am Rudaki-Park.

Hier wird das Zentrum skuril: Der höchste Fahnenmast der Welt steht in einem mit künstlichen Seen angelegten Park, gesäumt von günstigen Kiosks und Soft-Eis-Buden, in Blickweite der Sitz des Präsidenten und das Nationalmuseum. Wir genossen das Schlendern und freuten uns gleichzeitig wieder auf die Natur.

Gleich am ersten Tag entdeckte ich mit den Kindern eines unserer Wohnzimmer in Duschanbe: das wunderbare Garten-Café „Chaykhana Omar Khayyam“ mit leckerem, unprätentiösen zentralasiatischen Essen im grünen Innenhof.

Ostern bei Farkhod und Shoira

Hier lernten wir auch Farkhod kennen, der perfekt englisch spricht und für unterschiedliche internationale Organisationen arbeitet. Zwei seiner Söhne studieren in Deutschland, einer in Berlin. Farkhod lud uns zum Mittagessen in sein Haus ein. Wir freuten uns sehr über die Einladung – die Gespräche mit ihm waren interessant und auf einer Ebene. Und wir hatten zum ersten Mal auf der Reise das Gefühl, eine Gegen-Einladung nach Berlin auszusprechen, die eine Chance hat, Zustande zu kommen.

Es war ein wunderbarer Nachmittag bei Farkhod und seiner Familie an diesem Ostersonntag: Seine Frau Shoira hatte ein herrliches, mehrgängiges tadschikisches Essen vorbereitet, wovon allein die Salate, Vorspeisen und Suppen zu Beginn uns alle mehr als satt gemacht hätten. Besonders lecker fand ich die mit Ziegenfleisch gefüllten Weinblätter. Die Kinder spielten zusammen mit den zwei noch Zuhause wohnenden Kindern Rofijon und Farisha im wunderschönen, Bäume-bewachsenen Garten des Hauses.

Insgesamt hat uns das Essen in Zentralasien enorm positiv überrascht. Das „Naan“ genannte dicke runde Brot war herrlich, es gab tolle Salate und abwechslungsreiche Fleischgerichte, alles mit frischen Kräutern garniert, oft mit Koriander. Da waren unsere Touren der letzten Jahre durch Südosteuropa kulinarisch deutlich weniger abwechslungsreich!

Entspannung in Duschanbe

Da sich die Werkstatt-Arbeiten am Pluto länger hinzogen und unsere Airbnb-Wohnung ausgebucht war, mussten wir die Unterkunft wechseln. Wir fanden im Atlas B&B Guesthouse ein großes Zimmer mit halboffenem Balkon.

Auch hier genossen wir wieder ganz für uns Sauna und unbeheiztes Schwimmbad im dazugehörigen Hotel um die Ecke.

Am Ostersonntag improvisierten wir noch ein Oster-Frühstück samt Ostereiersuche, wegen des Dauerregens im Hotel. Wir hatten schon Tage zuvor Sol-Eier eingelegt – eine Leidenschaft, die mir von den Osterfeiern meiner Kindheit bei der Mielke-Verwandtschaft, meist in Castrop und Lüdinghausen, geblieben ist und die Josefine teilt.

Werkstätten in Duschanbe

Gleich am ersten Tag in Duschanbe passierte am Pluto etwas, das uns zwar schrecklich rußig durch die Gegend fahren ließ, uns aber gleichzeitig den Pamir Highway sicherte: Der Partikelfilter des Pluto begann aus dem Nichts heraus mit einer Selbstreinigung. Und, nach all diesen Kilometern im Notlauf, konnten wir nach der Selbstreinigung wieder mit voller Kraft fahren. Was für eine Erleichterung!

Darüber hinaus kostete Martin die Werkstatt in Duschanbe vor allem Zeit und Nerven. Er ließ ein paar kleinere Reparaturen und einen Ölwechsel machen, was funktionierte. Aber schon der einfache Dachträger, den er sich schweißen ließ, um etwas Gewicht aus unserem „Kofferraum“ nach vorne zu verladen, ist mittlerweile gebrochen und notdürftig geflickt.

Zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch die Hoffnung, den Ersatz-Partikelfilter in Duschanbe zu bekommen. Da wir nicht zu lange in der Stadt darauf warten wollten, brachen wir am 24. April (nun ohne Notlauf!) auf, um weitere Wartetage in den Bergen der Umgebung zu verbringen.

Eine Nacht am Nurek-Stausee

Der Nurek-Stausee liegt etwa 100 Kilometer südöstlich von Duschanbe. Schon auf der Anfahrt boten sich atemberaubende Blicke: Der türkis-schimmernde See war gesäumt von einer rot-leuchtenden Felslandschaft und grünen Wiesen. Wir nahmen einen der ersten Pfade, um an den See zu kommen. Alles war nass vom Regen der letzten Tage. Es wurde eine Matschschlacht, aus der wir diesmal ohne Steckenbleiben hervor gingen. Irgendwie schaffte Martin es, den Pluto im steilen Matsch zu wenden und den Pfad wieder nach oben zu kutschieren.

Es war Abend geworden und wir brauchten ein baldiges Ruhe-Plätzchen. Eine der nächsten Abzweigungen war eine kleine geteerte Straße, der wir fast bis zum See folgten. Nach einigen weiteren Kurven auf einem Pfad fanden wir ein schönes, ruhiges Plätzchen oberhalb des Sees mit Blick auf ein Bergwerk. 

Trotz des vielen Regens halte ich den Frühling übrigens für eine wunderschöne Jahreszeit für eine Reise durch Zentralasien. Die Temperaturen sind angenehm. Und die Landschaft strotzt vor grün vom Frühlings-Regen. Angeblich regnet es in Tadschikistan bis Mai und dann erst wieder ab September – die späteren Sommermonate stelle ich mir karg und heiß vor.

Wandern an der Vakhsh

Unseren nächsten Nacht-Platz suchten und fanden wir an der Vakhsh flussabwärts des Stausees. Weiter flussabwärts wären wir nicht gekommen, da die einzige Straße in einen brüchig aussehenden Tunnel mündete, der von Soldaten bewacht und für uns unzugänglich war.

Wir nutzten den freien Nachmittag für eine Flusswanderung entlang eines Seitenarms der Vakhsh, auch zum Holzholen. Nach dem langen Stadttagen genossen wir Lagerfeuer und Sternenhimmel umso mehr.

Am nächsten Tag starteten wir eine der viel zu seltenen Wanderungen unserer Tour. Wir folgten einem der Pfade bergauf durch herrliche Bergwiesen, entlang Flussläufen und kraxelten das letzte Stück Richtung Gipfel steil bergauf. Hoch über dem Berg zogen Adler ihre Kreise. Martin trug Balthasar während seines Mittagsschlafs den letzten Teil der Tour in der Kraxe – ein echtes Workout! Das Gipfel-Mittags-Vesper schmeckte, wie immer beim Wandern, herrlich.

Auf dem Rückweg kamen wir an einer großen Tierhöhle vorbei. Gleich daneben in der Bergwiese sahen wir frische Liegespuren von größeren Tieren. Der Bauer Abdullah sagte uns zurück im Tal, dass oben Wölfe lebten.

Josefine ging an diesem Abend aufgeregt ins Bett – ihr sechster Geburtstag stand bevor.

Josefines sechster Geburtstag

Schon beim Aufwachen im Dachzelt feierten Josefine und Balthasar vor der Luftballon-Girlande an den Dachzelt-Fenstern mit Berg-Panorama. Und ich hätte gerne versucht, im Sand am Feuer Nines Feuer-Geburtstags-Kuchen aus dem Baltikum-Urlaub nachzubacken. Aber wir hatten schlicht zu wenig Holz.

Stattdessen hatte sich Josefine zum Frühstück Pfannkuchen gewünscht. Es gab frisch gemachtes Rhabarber-Mus dazu. Und als der erste Pfannkuchen gerade fertig war, kam der Bauer Abdullah mit seinem Sohn vorbei und lud uns zu einer morgendlichen Bootstour auf der Vakhsh ein. Wir packten den einen Pfannkuchen und einen gekauften Schoko-Kuchen ein und genossen beides zusammen mit unseren tadschikischen Gastgebern auf dem Boot.

Am Nachmittag gingen wir mit den Kindern Geburtstags-Plantschen im Seitenarm der Vakhsh. Dort trafen wir auch Abdullah wieder, der darauf bestand, uns mit mehr Holz auszustatten.

Der Geburtstags-Abend war angefüllt mit Akkordeon-Spielen, Grillen und Lagerfeuer. Erfüllt schliefen beide Kinder in unseren Armen am Lagerfeuer ein.

Eine Nacht in Nurek

Am nächsten Morgen fuhren wir weiter nach Nurek, wo wir auf dem Basar Einkäufe erledigten und in einem tadschikischen Restaurant am sehr russischen zentralen Platz die grätigen Fische aus der Vakhsh zu Mittag aßen.

Unseren Nachtplatz in Nurek fanden wir direkt gegenüber der Innenstadt am Hang oberhalb des Sees auf einem angefangenen Bauplatz mit viel abgebrochenem Gelände rundherum. Die Lage war fast urban, mit vielen Ferienhäuschen an der anderen Seeseite, Jet-Skis und Party-Musik.

Wir gingen noch im eiskalten Wasser baden – wohl als einzige an diesem See.

Übrigens ist das Wasserkraftwerk in Nurek das größte Zentralasiens. Es deckt etwa 70 Prozent der nationalen Stromnachfrage in Tadschikistan ab. Und das laufende Großprojekt zur Modernisierung des Kraftwerks wird aus Ravensburg geleitet.

Letzte Nächte in Duschanbe

Am nächsten Morgen erfuhren wir aus der Werkstatt aus Duschanbe, dass unser Partikelfilter immer noch nicht angekommen war und es vielleicht auch in den nächsten Tagen nichts mehr werden würde. Wir entschlossen uns, trotzdem zurück nach Duschanbe zu fahren, um die letzten Werkstatt-Themen außer dem Partikelfilter abzuschließen. Wir ergatterten wieder die Airbnb-Wohnung mit Terrasse.

Es ist kaum noch verwunderlich: Der Partikelfilter kam auch in den nächsten Tagen nicht an. Die Werkstatt hatte einen Ableger in Chorugh, auf halbem Weg des Pamir Highways, bevor es wirklich in die Höhe geht. Da der Pluto weiterhin größtenteils mit voller Kraft lief, wollten wir schonmal nach Chorugh vorfahren in der Hoffnung, den Partikelfilter dort einbauen zu lassen.

Am 1. Mai starteten wir den Pamir Highway, dei zweithöchsten Hochgebirgsstraße der Welt. Diesen Teil der Reise hatte ich mit besonderer Spannung erwartet.

2 Kommentare zu „Tadschikistan II: Wartezeit in Duschanbe und Nurek

  1. Hi, wenn Ihr schon so lange auf den Filter warten mußtet, habt Ihr dann wenigstens gleich zwei bestellt und einen auch bei Martin einbauen lassen? Dann könnt er von nun an filterlose Zig……… :-)))))))
    *duck und weg * + Eisern!
    Achim
    Gute Weiterfahrt!!

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