Seit Berlin sind wir nun 13 Tage unterwegs und vorletzte Nacht nach einer sehr langen und durchwachsenen Transitstrecke in Istanbul angekommen. Zunächst hatten wir mit den ersten Motorproblemen zu kämpfen, alle 100 Höhenmeter war der Motor überhitzt und er ging in den Notlauf. Erst bei moderateren Steigungen und kühleren Außentemperaturen war eine konstante Weiterfahrt möglich. Über mehr als 200 km ging es danach direkt am Mittelmeer entlang. Und auf Meereshöhe erwartete uns bis nach Istanbul dichter Nebel mit unter 20 m Sichtweite. Keine drei Mittelstreifen weit konnte man sehen, sodass ich mehr nach dem Straßenverlauf auf dem Navi, als auf Sicht fahren musste. Das große Finale erwartete uns in den engen und steilen Gassen Beyoglus zum Hotel. Nur einspurig befahrbar und häufig als Einbahnstraße, war der Weg nur mit mehrfachem Rangieren bei hupendem Gegenverkehr machbar. Wer schon einmal selbst in Istanbul mit einem Fahrzeug unterwegs war, wird wissen wovon ich spreche. Die Gassen um den Galater Turm sind die Krönung des Ganzen. Für mich eine besondere Herausforderung, die ich gerne gemeistert habe, wenn auch die anschließende Parkplatzsuche bis fast 3 Uhr morgens doch nervig war. Immerhin endete die Suche erfolgreich bei einem ersten türkischen Tee mit dem Parkplatzwart, für türkische Verhältnisse gewohnt herzlich und entspannt.
Überhaupt ist mir die Türkei bislang von allen bereisten Ländern das Allerliebste. Nahezu alle Menschen sind offen und freundlich ohne aufdringlich zu sein. Allein schon im Vorübergehen begegnet man sich mit Augenkontakt und sichtbaren Zeichen des gegenseitigen Respekts, egal ob Mann oder Frau. Die Voraussetzung hierfür ist sicherlich, selbst aufgeschlossen, selbstbewusst und höflich aufzutreten. Darüber hinaus kommen die besten und stolzesten Autofahrer meines Erachtens aus der Türkei. Hat man selbst erst einmal alle bekannten Regeln, wie Vorfahrt, etc., über Bord geworfen, was mir zugegebenermaßen leicht fällt, fährt es sich im offensiven Miteinander, stets die anderen durch freundliches Hupen und frühzeitiges Blinken informierend und rechtzeitig ausweichend, prächtig. Mich wundert, dass solch innige Autofahrer keine eigene, türkische Automarke „besitzen“. Ich hätte nicht wenig Lust, mich damit einmal zu beschäftigen.
Spätestens jetzt, im komfortablen Hotel (Georges – by the way, sehr zu empfehlen) wird es für mich Zeit, nicht nur grübelnd und probierend, sondern auch produktiv Zeit in unseren Blog zu stecken. Dies sind quasi meine ersten Zeilen und bis heute hadere ich sehr mit dem Gedanken, die nächsten Monate regelmäßig einen Blog zu schreiben und zu pflegen. Allein schon die „Gestaltung“ beansprucht mein digital kreatives Talent über Maß. Und bereits nach den ersten Tagen wird klar, wer einen Blog führen möchte, muss Material sammeln. Das wird an unserem, im Gegensatz zu früheren Reisen, deutlich gestiegenen Foto- und Selfiegebaren rasch klar.
Vieles spricht für einen eigenen Blog. In der Vorbereitung unserer Reise haben wir nicht wenige Infos und Inspirationen aus anderen Blogs und Foren entnommen. Bodensee-Overlander, g-trotter, caravanistan, iOverlander, viermalvier, tuckstruck um nur einige Wichtige zu nennen. Allesamt Plattformen von uns unbekannten, engagierten und talentierten Menschen, die Ihre Erfahrungen und Kenntnisse kostenlos mit der restlichen Welt teilen. Wir konnten davon profitieren und es wäre das Mindeste, unser Wissen ebenfalls mit anderen zu teilen.
Ergänzend besteht in unserem Familien- und Bekanntenkreis ein erfreuliches Interesse an unserer Reise und unserem Wohlergehen mit zwei kleinen Kindern im ruppigen Expeditionsfahrzeug durch die Berge und Steppen Zentralasiens. Um diesem Interesse gerecht zu werden ist es durchaus angebracht, alle regelmäßig auf Stand zu halten.
Dagegen spricht die enorme Zeit, die es in einen (hoffentlich) anständigen Blog zu investieren gilt. Und bereits am Anfang wird mir offensichtlich, weshalb meinem Eindruck nach vor allem Fotografen, Webdesigner oder Journalisten als digitale Nomaden mit dieser Mitteilungsform reüssieren. Ihnen scheint das Mitteilungsinteresse nicht nur in die Wiege gelegt zu sein, sie verfügen darüber hinaus über das entsprechende Talent und die notwenige Profession. Und wenn ich während unseren letzten Reisen jeweils fleißig Tagebuch geschrieben habe und Routendaten gesammelt habe, so verbringe ich wesentlich lieber Zeit damit Holz zu sammeln um ein ordentliches Lagerfeuer zu zaubern, wie mir Gedanken über Verlinkungen oder Internetvolumen zu machen.
Und ich würde gerne wissen, welche Erfahrungen andere damit gemacht haben, aber ich bin mir sicher, dass die schönsten und aufregensten Momente sowieso nicht in einen Blog wandern werden, sondern schlichtweg passieren und sofort genossen oder durchstanden werden müssen. Weder habe ich Lust, unsere Schäferstündchen am Lagerfeuer bei Minusgraden unter Sternenhimmel zu teilen, noch schaffe ich es, mit dem Polizeiauto im Rücken und dem Taxi gegenüber bei mehrfachem Rangieren in der Altstadtgasse mit 20%-Steigung die Kamera anzuschalten. Und noch nicht einmal beim Barbier, unter lauter türkischen Männern in uriger Atmosphäre, traue ich mich die Kamera zu zücken und den herrlichen Reisemoment festzuhalten. Für alle um mich herum ist es beim Barbier wie beim alltäglichen Zähneputzen. Was würde ich daraus machen, wenn ich mit dem Selfiestick bewaffnet meinen Blog damit schmücken würde?
Wollen mal sehen, was am Ende für den Blog übrig bleibt…
Ein Kommentar zu “Mein Blogauftakt & Türkei/Istanbul”